Hessische Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit

Deutschland und Lettland: Was verbindet – was unterscheidet?

Studierende erarbeiten im Rahmen eines studentischen Projekts die Unterschiede und Gemeinsamkeiten aus historischer, gesellschaftlicher, politischer und wirtschaftlicher Sicht und vertiefen ihre Erkenntnisse über die Kultur eines östlichen EU-Mitgliedsstaates mit einer Studienfahrt in die lettische Hauptstadt Riga.

Unter Leitung von Angelika Eimer und Prof. Dr. Hubert Kleinert wurde von Studierenden der Hessischen Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit (HöMS), Fachbereich Verwaltung am Campus Gießen bereits zum vierten Mal das studentische Projekt „Eine europäische Hauptstadt im Blickpunkt“ durchgeführt. Die Studierenden der Projektgruppe des Studienjahrgangs 2-2023 entschieden sich dieses Mal für die Hauptstadt von Lettland, Riga. Das Projektthema wurde mit Vorträgen und Diskussionen zur Geschichte, zum politischen System und dem Staatshaushalt Lettlands sowie zur gesellschaftlichen Situation von Frauen und der russischstämmigen Minderheit erarbeitet. Ein besonderer Fokus wurde dabei auf die gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Folgen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine gelegt. Den Abschluss des Projekts bildete die Studienfahrt nach Riga vom 17. bis 21. März 2025, die von den Studierenden organisiert wurde.

In dem am 23. Mai 2025 veröffentlichten Projektbericht stellt die Projektgruppe die Ergebnisse vor; der Projektbericht kann am Campus Gießen eingesehen werden.
 

Blick aus der Luft / Luftaufnahme auf die Rigaer Innenstadt und die Düna (Fluss)]

Das Arbeitsprogramm begann mit einer zweistündigen Stadtführung durch die Rigaer Altstadt. Bei spätwinterlichen Temperaturen, aber mit Sonnenschein, überzeugten sich die Studierenden von der historisch geprägten und ästhetisch anspruchsvollen Architektur, die seit 1997 zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Die Führung durch die Hansestadt mit rund 615.000 Einwohnern umfasste auch bekannte Sehenswürdigkeiten wie die Petrikirche, das am Rathausplatz gelegene Schwarzhäupterhaus und das Freiheitsdenkmal, welches das zentrale Symbol für die nationale Souveränität Lettlands ist.

Das Freiheitsdenkmal im Stadtzentrum der lettischen Hauptstadt Riga
Plenarsaal der Saeima, dem Parlament der Republik Lettland

Es folgte eine Führung durch die Saeima, das Parlament der Republik Lettland. Die Saeima besteht aus 100 Abgeordneten und wird alle vier Jahre in freier Verhältniswahl gewählt. Bei der Führung durch das prachtvolle Parlamentsgebäude wurde die parlamentarische Arbeitsweise der lettischen Demokratie erläutert. Anekdotisch wurde herausgestellt, dass Abstimmungen – im Gegensatz zum Deutschen Bundestag – nahezu vollständig digital ablaufen. Im Gegensatz zu Deutschland können auch durch die Bevölkerung Gesetzentwürfe eingebracht werden.

Gruppe 1 im historischen Plenarsaal des Parlamentsgebäudes der Saeima

Die Studierenden waren insbesondere von dem schönen und historisch anmutigen Plenarsaal der Saeima beeindruckt. Während der Führung informierten sie sich zudem über die parlamentarischen Prozesse sowie die Zusammenarbeit zwischen der Parlamentsverwaltung und den politischen Fraktionen.

Gruppe 2 vor dem Eingang des Parlamentsgebäudes der Saeima

Mit dem Besuch des Museums des Rigaer Ghettos und des Holocausts wurden die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes in Lettland wieder in Erinnerung gerufen und wirkmächtig dokumentiert. Es bestand die übereinstimmende Erkenntnis, dass derartige Gedenkstätten einen unverzichtbaren Beitrag für eine verantwortungsbewusste Erinnerungskultur leisten. Die Arbeit der Gedenkstätte – das ehemalige Rigaer Ghetto – wurde durch eine Spende der Studierenden unterstützt. Zudem erfolgte die geschichtliche Aufarbeitung der Besatzung Lettlands durch Nazi-Deutschland und die Sowjetunion mit einer Führung durch das Lettische Okkupationsmuseum.

Das Schwarzhäupterhaus auf dem Rathausplatz der lettischen Hauptstadt Riga

Die Studierenden setzten sich im Rahmen des Besuchs des Museums für Rigaer Stadtgeschichte und Seefahrt und des Schwarzhäupterhauses mit den historischen Ursprüngen der lettisch-deutschen Beziehungen auseinander. Insbesondere das Schwarzhäupterhaus, das im 15. Jahrhundert als Treffpunkt der „Schwarzhäupter“ – einer Vereinigung unverheirateter, zumeist deutscher Kaufleute – diente, beeindruckte durch unvergleichlich schöne, königlich anmutende Säle und einen mittelalterlichen Keller.

Gruppenbild der Reisegruppe in der Deutschen Botschaft in Riga]

Am Tag der Abreise bildete der Besuch der Deutschen Botschaft in Riga den abschließenden Höhepunkt. Auch vonseiten der Botschaft zeigte man sich über den Besuch junger Studierender aus Deutschland und den damit verbundenen Austausch, sehr erfreut, wie man auf der Instagram SeiteÖffnet sich in einem neuen Fenster der Deutschen Botschaft lesen kann.

Zunächst informierte der Leiter des Kultur- und Pressereferats, Herr Gronau, in einem informativen Vortrag über die Arbeit der Deutschen Botschaft in Lettland und die deutsch-lettischen Beziehungen. Im anschließenden Fachgespräch diskutierten die Teilnehmer engagiert über aktuelle politische Themen, insbesondere über den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Deutlich wurde, dass sich Lettland von den Aggressionen Russlands ernsthaft in seiner Existenz bedroht fühle. Es bestehe ein ernsthaftes Interesse an einer umfassenden europäischen Verteidigungs- und Sicherheitsarchitektur, die die baltischen Staaten schütze. Vor diesem Hintergrund würden aktuelle Entwicklungen, etwa die Erhöhung der deutschen Verteidigungsausgaben und ein entschlossenes Engagement für die Ukraine, von lettischer Seite mit großem Wohlwollen zur Kenntnis genommen.

Gruppenbild der Reisegruppe im Terminal des Flughafens Riga

Die Studienfahrt nach Riga wird von den Studierenden und Lehrenden übereinstimmend als Erfolg bewertet. Sie hat nicht nur die im Vorfeld gewonnenen Erkenntnisse über Lettland erweitert und vertieft, sondern auch den Zusammenhalt unter den Studierenden gestärkt. Die Reise bildete eine erfreuliche Ergänzung zum hochschulischen Alltag und sorgte für viele schöne und nachhaltige Erinnerungen.

 

Eindrücke teilnehmender Studierender:

„Die Zusammenarbeit bei der Vorbereitung und Organisation der Studienfahrt war sehr konstruktiv, ergebnisorientiert und von gegenseitigem Vertrauen geprägt. Das Programm war vielfältig und hatte viele interessante Programmpunkte. Die Reise hat auch dazu beigetragen, ein Bewusstsein für Lettland und seine Kultur zu entwickeln. Rückblickend zu sehen, was die Projektgruppe gemeinschaftlich erreicht hat, macht einen stolz. Es war ein voller Erfolg.“ (Sara-Marijam Gall für die Projektleiterinnen)

„Die Studienreise nach Riga hat gezeigt, dass Deutschland und Lettland nicht nur historisch, sondern auch in der heutigen Zeit viel miteinander verbindet. Uns verbindet der gemeinsame Wille nach Frieden, Freiheit und Demokratie in Europa. Der Austausch mit den Menschen in Lettland hat dieses Bewusstsein sehr gefördert. Besonders der Besuch der Saeima hat deutlich gezeigt, dass ein gegenseitiges Verständnis für berechtigte Anliegen und Standpunkte unverzichtbar für ein friedliches und gemeinsames Miteinander ist. Dies auch in Zukunft zu bewahren, liegt auch in unserer Verantwortung.“ (Eric Markert, Regierungspräsidium Gießen)

„Während unseres Aufenthalts in Riga ist mir aufgefallen, dass in der gesamten Stadt viele ukrainische Flaggen zu sehen sind, u. a. auch im Parlament von Lettland. Dies hat mir verdeutlicht, dass die Solidarität mit der Ukraine in Lettland sehr groß ist. Bei den Gesprächen, die wir beispielsweise in der Deutschen Botschaft hatten, wurde uns erläutert, dass die Angst vor einem russischen Angriff in Lettland sehr groß ist, was ein Grund für die große Solidarität ist. Diese durchgängige Solidarität habe ich als sehr beeindruckend empfunden, da ich es in diesem Ausmaß aus Deutschland nicht kenne.“ (Florian Stary, Regierungspräsidium Gießen)

„Es war bemerkenswert, wie weit die Verwaltungsmodernisierung in Lettland voran geschritten ist. Selbst die Abstimmungen im Parlament sind nahezu vollständig digitalisiert. Eine Erkenntnis ist, dass Lettland in dieser Hinsicht Best Practice für die Digitalisierung unserer Verwaltungen in Hessen sein kann.“ (Martha Kurkunç, Regierungspräsidium Gießen)

„Die Studienreise nach Riga war fachlich und kulturell ein Highlight. Besonders hat mir die schöne Altstadt gefallen, die viele historische Einflüsse der vergangenen Jahrhunderte miteinander verbindet. Auf der Aussichtsplattform der Lettischen Akademie der Wissenschaften zeigt sich die gesamte Schönheit dieser beeindruckenden Stadt, die man definitiv einmal gesehen haben muss!“ (Janine Schlüter, Regierungspräsidium Gießen)

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