Jedes Jahr sterben über 10.000 Menschen in Deutschland durch Suizid. Das sind weit mehr als durch Verkehrsunfälle, Tötungsdelikte oder Drogenkonsum jährlich zu Tode kommen. Neben einer hohen Dunkelziffer gehen die Schätzungen davon aus, dass auf einen Suizid etwa zehn Versuche kommen und jeder von diesen bis zu zwanzig weitere Personen (Angehörige, Freunde, Kollegenkreis) unmittelbar betrifft. Hinter fast jedem Suizid und Suizidversuch steht eine akute schwere seelische Krise oder eine psychische Erkrankung. Sowohl im beruflichen als auch im persönlichen Umfeld hat das Thema „psychische Gesundheit“ sowie der Umgang mit Belastungen und „kritischen Ereignissen“ in den letzten Jahren einen besonderen Stellenwert eingenommen.
Suizidalität ist im Polizeiberuf sowie in allen Bereichen der deutschen Gesellschaft präsent. Es ist nicht leicht, darüber zu sprechen, da die meisten Menschen nicht mit psychischen Erkrankungen umgehen können und sich vor dem Begriff scheuen. Polizeiarbeit in einer zunehmend belasteten Gesellschaft ist herausfordernd. Gleichzeitig wird die Polizei immer mehr gefordert, was zur Folge hat, dass sie sich auch mit den mentalen Schattenseiten wie psychischen Störungen und insbesondere Depressionen der eigenen Beschäftigten auseinandersetzen muss.
Am 27. Juni 2024 fand in Kooperation mit Herrn Walter Kohl, Buchautor, Coach und „Wahlkämpfer für das Leben“ und Inga Beig, Koordinatorin des Frankfurter Netzwerks für Suizidprävention (FRANS) am Standort in Mühlheim die Präventionsveranstaltung der Beratungsstelle Psychosoziale Unterstützung (PSU) der HöMS statt.
Inga Beig gab unter dem Titel „Reden kann Leben retten“, einen fachlichen Einstieg in das Thema Suizidalität und Suizidprävention. Sie beschrieb Mythen zu diesem Thema, gab Einblick in die Zahlen, Daten, Fakten und stellte abschließend die Angebote sowie Aktivitäten des Frankfurter Netzwerks vor.
Im Anschluss zeigte die Beratungsstelle PSU die internen Anlaufstellen und Unterstützungsangebote für Beschäftigte und Studierende auf.
Im zweiten Teil der Veranstaltung zum Thema „Trotzdem Ja sagen zum Leben“ sensibilisierte und konfrontierte Walter Kohl gleich zu Beginn anhand persönlicher Erfahrungen
„Gerade in existenziellen Krisen ist es wichtig, trotzdem „Ja zum Leben“ zu sagen. Rund 10.000 Suizide in Deutschland pro Jahr und damit rund 150.000 Betroffene als Freunde, Familie sowie Kolleginnen und Kollegen machen das Thema Suizidprävention zu einer gesellschaftlich großen Aufgabe. Das Thema Suizid brach als Katastrophe durch den Freitod meiner Mutter im Juli 2001 über unsere Familie herein. Deshalb engagiere ich mich für Suizidprävention und möchte mithelfen, dass bestehende gesellschaftliche Tabus überwunden und Leben gerettet werden.“
Er nahm die Anwesenden mit auf eine persönliche Reise und sprach über Tiefpunkte, seine eigenen Erfahrungen mit dem Thema Suizid und die Selbsttötung seiner Mutter. Er skizzierte Wege aus der Krise, den Prozess der Wiederfindung des Lebenswillens sowie die Sinnfindung im „neuen Leben“ und begleitete die Zuhörerinnen und Zuhörer bei ihrer mitunter ersten Auseinandersetzung mit diesem Thema.
Im Dialog zwischen Walter Kohl und Jeannette Hahm mit Podiumsdiskussion wurden die Teilnehmenden in den offenen Austausch eingebunden und zum anschließenden Netzwerken an den Informationsständen eingeladen.
Die Veranstaltung richtete sich an alle interessierten Lehrenden, Beschäftigten und Studierenden der HöMS. Ziel war es, den Wissenshorizont zu diesem sensiblen Thema zu erweitern, persönlichem Austausch einen Raum zu geben, den Umgang mit Suizidalität zu beleuchten und adäquate Möglichkeiten der Unterstützung in der emotionalen Auseinandersetzung damit zu diskutieren.