„Wenn Man(n) führt – Wirkungen männlichen Führungsverhaltens auf weibliche Karrieren“: Unter diesem Titel stand die Online-Veranstaltung des hochschuldidaktischen Dienstes (HDD) der HöMS am 08. März 2023 zum Internationalen Frauentag. Sie fand im Rahmen der Reihe „Demokratie- und Menschenrechtsbildung“ statt. Als Referentin begrüßte der HDD Marta Ziemski, Polizeikommissarin und Absolventin der HöMS. In ihrer Abschlussarbeit betrachtete sie geschlechtsspezifische Einstellungen und Erfahrungen mit Fokus auf das Feedbackverhalten in der Arbeitswelt. Ein spannendes und komplexes Thema, das Frau Ziemski in ihrem Vortrag anschaulich und mit Bezug zum aktuellen Forschungsstand entfaltete.
An den Beginn ihres Vortrags stellte Frau Ziemski eine Frau: Dr. Elisabeth Selbert. Als Mitglied des Parlamentarischen Rats zur Erarbeitung des Grundgesetzes ist es ihr maßgeblich zu verdanken, dass es in Artikel 3 (2) heißt: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“. Dass diese Gleichberechtigung auch mehr als 70 Jahre später noch nicht erreicht ist, das zeigen z. B. der gender pay gap und die Unterrepräsentanz von Frauen in Spitzenpositionen von Wirtschaft, Staat und Gesellschaft.
Frauen „verhandeln eben schlecht“, Frauen „legen, anders als Männer, mehr Wert auf Familie als auf Karriere“, diese und weitere Vorstellungen werden häufig geäußert, geht es um Erklärungen für die geringere Zahl von Frauen in Führungspositionen. Empirische Belege dafür gibt es nicht – das machte Frau Ziemski in ihrem Vortrag deutlich. Vielmehr weisen Forschungsergebnisse darauf hin, dass die Unterschiede über ungleiche Chancen und Bedingungen in der Arbeitswelt für Frauen und Männer zu erklären sind. Im Vortrag wurde eine Studie zitiert, die zeigt, dass Frauen weniger umsetzbares Feedback erhalten als Männer, was ihre Entwicklungschancen verringert. Männliche Feedbackgeber beschreiben die Leistung von Männern enthusiastischer als die von Frauen - bei gleicher Leistungsbewertung. Gleichzeitig werden Frauen für Fehler harscher kritisiert als Männer. Verhalten sich Frauen angesichts dieser Erfahrung dann vorsichtiger, wird das oftmals als geringes Selbstvertrauen interpretiert (vgl. Tinsley/Ely)Öffnet sich in einem neuen Fenster – keine gute Voraussetzung für den Aufstieg in eine Führungsposition.
Unbewusste Wahrnehmungsverzerrungen, „unconscious biases“, so führte Frau Ziemski weiter aus, wirken sich ebenfalls auf die Chancen von Frauen aus, in Führungspositionen zu gelangen. Der „Affinity Bias“, auch „Mini-me-Bias“ genannt, beispielsweise kann dafür sorgen, dass männliche Führungskräfte bei Einstellung oder Beförderung jene Personen bevorzugen, die ihnen ähnlich sind, was Frauen zum Nachteil gereicht. Der „Attribution Bias“ hat zur Folge, dass Gründe für Verhaltensweisen falsch zugeschrieben werden. Erfolg von Männern wird häufiger ihrer Person zugeschrieben, Erfolg von Frauen häufiger durch äußere Umstände erklärt.
Biases wie diese, auch das stellte Frau Ziemski klar, haben alle Menschen. Dennoch können sie sich, wie z. B. beim „Mini-me-Bias“, bedingt durch die Überrepräsentation von Männern in Führungspositionen besonders nachteilig auf Frauen auswirken.
Was also ist zu tun?
Dieser Frage widmeten sich die mehr als 50 Teilnehmenden bei einem Austausch in zwei Gruppen. Moderiert von Kathrin Hartmann und Sabine Neuwirth, beide Lehrende des Fachbereichs Polizei, wurde überlegt, wie Benachteiligung aufgrund des Geschlechts verhindert werden kann und was sich dafür ändern muss. Über die Biases und ihre Wirkungen zu informieren – und das nicht nur bei Führungskräften, sondern bereits im Studium – wurde ebenso als Lösungsstrategie eingebracht, wie eine Frauenquote als strukturelle Maßnahme und die Praxis, „von Männern konsequent einzufordern, dass sie Care-Arbeit zu gleichen Anteilen übernehmen“. Es wurde vorgeschlagen, den Mythos zu entlarven, „dass Führung ausschließlich in Vollzeit […] erfolgen kann“ sowie ein Bewusstsein für Sprache zu schaffen und die Abwertung von als weiblich gelesenen Eigenschaften zu bekämpfen.
Mit Blick auf die Erkenntnisse aus den zitierten Studien rät Frau Ziemski, kritisch zu beobachten, ob Biases in Argumentationen um Frauen in Führungspositionen und bei der Bewertung von Leistung erkennbar sind. Wer seine Biases testen möchte, findet hierÖffnet sich in einem neuen Fenster eine Möglichkeit dazu.
Bezogen auf das Feedback wäre laut Frau Ziemski einiges erreicht, wenn Männer und Frauen quantitativ häufige und qualitativ umsetzbare Rückmeldungen zu ihren Entwicklungsmöglichkeiten erhielten.
Wichtige Ansprechpartnerinnen für Fragen rund um die Gleichberechtigung und damit verbundene persönliche Anliegen sind die Gleichstellungsbeauftragten. Sabine Neuwirth, gemeinsam mit Sophia Funk Gleichstellungsbeauftragte der HöMS, stellte zum Abschluss der Veranstaltung das Aufgabengebiet vor, machte deutlich, dass sie zu Verschwiegenheit verpflichtet und weisungsfrei sind und schloss mit einem bestärkenden „Wir freuen uns, wenn Sie sich an uns wenden!“