Vier Studierende der Hessischen Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit, Antonio Pedron (ebenfalls HöMS) und Prof. Dr. Jan Zopfs beim 62. Verkehrsgerichtstag in Goslar

Hessische Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit

62. Verkehrsgerichtstag in Goslar mit Studierenden der HöMS

Lesedauer:4 Minuten

Der diesjährige Verkehrsgerichtstag (VGT) fand am 24.01. – 26.01.2024 statt. Der VGT ist die größte Fachkonferenz für Verkehrsrecht in Deutschland. Für den 62. VGT haben sich insgesamt 1624 Teilnehmende aus dem Bundesgebiet angemeldet. Zum Teilnehmerkreis gehören die Richter-, Staats- und Amtsanwaltschaft der deutschen Gerichtsbarkeit, die Fachbereiche der jeweiligen Ministerien und Bußgeldstellen, Lehrende der Hochschulen und Vertretungen aus dem Bereich Polizei, Fachausschuss Verkehr der Gewerkschaften und diverse Automobilclubs.

Von der Hessischen Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit (HöMS) haben neben den hauptamtlich Lehrenden vom Campus Kassel, Gießen, Mühlheim und Wiesbaden sowie Vertretungen der Aus- und Fortbildung auch vier Studierende teilgenommen. 

Die Teilnehmenden wurden mit einer Ansprache von Frau Oberbürgermeisterin Urte Schwerdtner begrüßt. Der VGT und die Stadt Goslar verbindet eine über sechs Jahrzehnte lange Zusammenarbeit. Der VGT ist in Goslar zu Hause.

Die Eröffnungsansprache wurde traditionsgemäß vom Präsidenten des Deutschen Verkehrsgerichtstages Prof. Dr. Ansgar Staudinger gehalten. 

Von den 1624 Teilnehmenden waren insgesamt 50 Studierende angemeldet, davon waren vier Studierende  der HöMS.

Der Plenarvortrag wurde vom Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts von Herrn Prof. Dr. Stephan Harbarth gehalten. Sein Thema war „75 Jahre Grundgesetz- Von der Verfassung der Paulskirche zu Einigkeit und Recht und Freiheit“.

Arbeitskreise des Verkehrsgerichtstages

Der 62. VGT hatte acht Arbeitskreise mit folgenden Themen:

AK  I  - Einziehung von Täterfahrzeugen bei strafbaren Trunkenheitsfahrten?

AK II  - Haushaltsführungsschaden – wenn das Unfallopfer nicht mehr staubsaugen kann

AK III - Fahreignungsgutachten und ihre Überprüfung durch die Fahrerlaubnisbehörde

AK IV - Cleverness oder strafbares Verhalten?  Behördentäuschung und Punktehandel

AK V  - Weniger Strafe bei Unfallflucht?

AK VI - Vorschaden und Schadensgutachten

AK VII -  Mit dem Zug zum Flug zum Schiff – „Multimodale Reisen“

AK VIII - Gefährdungshaftung des Reeders für Drittschäden? 

Die Motivation der HöMS-Studierenden im Arbeitskreis Verkehr

Die vier Studierenden befassen sich im Rahmen ihrer Bachelorarbeiten mit den Themen „Fehlerquellen und Verbesserungspotenziale in der polizeilichen Unfallaufnahme“ sowie „Unfallflucht- schwerwiegende Straftat oder geringfügige Ordnungswidrigkeit?“ Die Abgabefrist ist erst am 22.02.2024, so dass es eine perfekte Gelegenheit war, am Arbeitskreis V „Weniger Strafe bei Unfallflucht?“ teilzunehmen. In diesem Arbeitskreis waren auch Lehrende der HöMS und der Fortbildung zugegen.

Dieser Arbeitskreis wurde geleitet von Prof. Dr. Jan Zopfs, Lehrstuhl für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz. Referenten des Arbeitskreises V waren Herr Michael Nissen, Rechtsanwalt, Leiter Internationales Recht, Juristische Zentrale ADAC e. V. aus München, Prof. Dr. Sven Henseler, Rechtsanwalt & Diplom-Finanzwirt (FH), EBS Universität für Wirtschaft und Recht aus Wiesbaden und Erster Polizeihauptkommissar Ernst Klein, Verkehrsinspektion vom 1. Polizeipräsidium Köln.

Der Arbeitskreis war ausgebucht und es wurden folgende Punkte beraten und diskutiert:

Wartepflicht, Meldepflicht und tätige Reue

Können wir von unseren europäischen Nachbarn lernen?

Veränderungsbedarf aus Sicht der Praxis

Ergebnisse und Empfehlung des Arbeitskreises

Nach mehrstündiger Beratung und Diskussion hat der Arbeitskreis folgende Empfehlung beschlossen:

1. Der Arbeitskreis ist einheitlich der Auffassung, dass die Vorschrift des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142 StGB) reformiert werden sollte. Angesichts der Komplexität der Vorschrift sind Verkehrsteilnehmer und Geschädigte vielfach überfordert. Der Arbeitskreis empfiehlt, die Vorschrift im Hinblick auf die Rechte und Pflichten verständlicher und praxistauglicher zu formulieren.

2. Der Arbeitskreis ist mit großer Mehrheit der Ansicht, dass auch nach Unfällen mit Sachschäden das unerlaubte Entfernen vom Unfallort weiterhin strafbar bleiben soll. Eine Abstufung solcher Fälle zur Ordnungswidrigkeit wird a b g e l e h n t.

3. Der Arbeitskreis empfiehlt mit großer Mehrheit die Festlegung einer Mindestwartezeit.

4. Der Arbeitskreis empfiehlt mit großer Mehrheit, dass Unfallbeteiligte ihren Verpflichtungen am Unfallort bzw. den nachträglichen Mitwirkungspflichten auch durch Information bei einer einzurichtenden, zentralen und neutralen Meldestelle nachkommen können.

Bei dieser sind die für die Schadensregulierung notwendigen Angaben zu hinterlassen.

5. Der Arbeitskreis empfiehlt mehrheitlich erneut, die Voraussetzungen der tätigen Reue in § 142 Abs. 4 StGB zu ändern:

a) Die Begrenzung auf Unfälle außerhalb des fließenden Verkehrs soll entfallen.

b) Tätige Reue soll bei jeder Unfallflucht innerhalb von 24 Stunden nach dem Unfall möglich sein.

c) Die Freiwilligkeit der nachträglichen Meldung bei der tätigen Reue sollte beibehalten werden.

d) Tätige Reue soll zur Straffreiheit führen.

6. Der Arbeitskreis ist mehrheitlich der Ansicht, dass das unerlaubte Entfernen vom Unfallort bei Sachschäden nicht als Regelfall für die Entziehung der Fahrerlaubnis geeignet ist. Er empfiehlt deshalb, die Regelvermutung in § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB auf die Fälle zu beschränken, bei denen ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden ist.

Der Schutzzweck des § 142 StGB dient in erster Linie dem Geschädigten, der im Schadensfall seine zivilrechtlichen Ansprüche gelten machen kann und tatsächlich auch ersetzt bekommt. Dem Arbeitskreis V war unisono ein Anliegen diesen Schutzzweck aufrechtzuerhalten. Ziel ist es auch, die Norm für die Bürgerinnen und Bürger verständlich zu formulieren und der heutigen Zeit anzupassen.

Diese Empfehlung wird nun dem Bundesjustizministerium vorgelegt. Es bleibt abzuwarten, ob sich diese Empfehlung im Gesetzgebungsverfahren hoffentlich wiederfindet.

Für die Studierenden war es eine neue Erfahrung, wie Fachwissen auf juristischer Ebene diskutiert wurde und sie bei der Entscheidungsfindung mitwirken konnten. Ein Dankeschön an die Hochschulleitung für die Ermöglichung dieser Exkursion.

 

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